Gestern hat das Erfurter Amtsgericht einen der 10 mutmaßlichen Täter des Angriffs auf das AJZ am 05.05.2016 freigesprochen.
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Wie die TLZ+ berichtet, begründet das Gericht dieses Urteil damit, dass der genaue Tathergang aufgrund zu weit auseinandergehenden Zeugenaussagen nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden könne. In der Bilanz haben wir nun 10 Täter, gegen 8 ermittelt, gegen 5 Verfahren eingeleitet, 1 landete vor Gericht und 0 wurden für die Tat verurteilt.
Das ist in unseren Augen gleich aus mehrerlei Sicht ein fatales Zeichen:
Wir können es einfach nicht mehr sehen: „Verschiebung der Verhandlung aus prozessökonomischen Gründen“. Gerichte verlegen Verhandlungen in Thüringen und Erfurt nach hinten, weil ihnen andere Verfahren erstmal wichtiger sind und die Kapazitäten der Gerichte schon lange nicht mehr ausreichen, um alle zu behandeln.
Wir wollen kein Kalkül – also gezielte Verfahrensverschleppung – unterstellen, allerdings werden Tathergänge mit zunehmender Zeit zwischen Tat und Urteil aber auch immer schwerer zu rekonstruieren und Urteile damit einhergehend milder.
In unserem konkreten Fall hier sind einfach mal 4 Jahre vergangen! Wie sollen Zeug*innen sich bei solch einem Zeitraum bitte auch an jedes Detail erinnern können?!
Wir schließen uns daher der Kritik von Martina Renner zu diesem Verfahren an.
Faschos handeln aus ideologischen Gründen gewaltvoll – das macht sie im Vergleich zu anderen Gruppen so gefährlich und deshalb wirken menschenverachtende Tatmotive nach § 46 StGB auch strafverschärfend. Wenn man jedoch keinen Gebrauch hiervon macht, wirkt das auf die Faschos wie ein Freifahrtschein und wird von ihnen auch gerne genutzt. So ist auch der Angeklagte bei Weitem kein unbeschriebenes Blatt. Das sieht man auch daran, dass er wohl bereits ein Jahr später wieder bei einem Angriff auf der AJZ Erfurt beteiligt gewesen sein soll. Von einer Kritik der ebenfalls skandalösen Polizeieinsatzätze bei diesen Angriffen sehen wir in diesem Artikel hier besser mal ab, da er sonst viel zu lang würde.
Wir sehen zum Ändern dieses Umstandes die Landespolitik gefordert. Es bedarf hier kurzfristig einer Vorgabe, die das Aufschieben von Prozessen aus menschenverachtenden Motiven heraus verhindert und langfristig natürlich auch mehr Personal – aber hier ist das Land Thüringen eigentlich ja schon auf einem eher guten Weg.
Hoffnung macht dieses Urteil für zukünftige Prozesse, wie zum Überfall vom 17.07.2020 um 1 Uhr vor der Erfurter Staatskanzlei, jedoch keinesfalls.