Polizei

Für die Polizei Thüringen gilt das Thüringer Polizei Aufgaben Gesetz (ThPAG).
An Bahnhöfen, Flughäfen, Bundesorganen etc. ist die Bundespolizei zuständig. Für diese gilt das Bundespolizeigesetz (BPolG).


Auf Versammlungslagen

  • Eine Person begeht eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit

Wenn die Polizei auf einer Versammlung eine Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit feststellt, darf sie nicht einfach sofort mit körperlicher Gewalt vorgehen. Sie ist an das „mildeste Mittel“ gebunden, was oftmals die Kontaktaufnahme zur Versammlungsleitung und eine über diese verlaufende Kommunikation zur Unterbindung der (möglichen) Tat bedeutet.
Sollte die davon betroffene Person der Bitte der Versammlungsleitung um Unterlassung nicht nachkommen, kann die Polizei diese aus der Versammlung entfernen. Aber auch wenn sich die Person einsichtig zeigt, kommt es nicht selten zum Ende der Versammlung zu einer Nachbearbeitung zu repressiven Zwecken, z.B. mittels einer Identitätsfeststellung. Ein martialisches Intervenieren der Polizei während einer Versammlung wäre in solchen Fällen unverhältnismäßig und rechtlich unzulässig, da es den äußerlichen Charakter der Versammlung grob verändern kann.

  • Von einer Versammlung gehen schwere Straftaten aus

Die Polizei darf Versammlungen auflösen, wenn ihr Zweck (belegbar) das Begehen von Straftaten darstellt oder solche von dieser in massiven Umfang ausgehen (aufrührerischer Verlauf gem. § 13 (2) VersG i.V.m. § 18 (1) VersG). Eine Versammlungsauflösung muss von der Polizei angekündigt und mit dem mildesten Mittel umgesetzt werden. Teilnehmende einer aufgelösten Versammlung haben sich gem. § 29 (2) VersG unverzüglich vom Versammlungsort zu entfernen. Ist euch das z.B. wegen einer polizeilichen Maßnahme (sog. „Kessel“) nicht möglich, empfehlen wir euch die Situation zu dokumentieren, um euch nicht rechtlich angreifbar zu machen.

  • Sitzblockaden

Insbesondere bei Versammlungen gegen Nazis kommt es immer wieder zu sog. Sitzblockaden. Hier ist die Rechtsprechung sehr unterschiedlich und schon gar nicht eindeutig. Daher ist diese Aktionsform wohl als eine Aktion des zivilen Ungehorsams einzustufen.
So argumentierte die Polizei Thüringen oft, dass es sich um ein versuchtes Sprengen der jeweiligen Nazidemo gem. § 21 VerG handle, was strafbar wäre.
Wenn wir uns aber am Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) aus dem Jahre 2011 orientieren, sind Sitzblockaden jedoch theoretisch auch als Versammlungen gem. Art. 8 GG anzusehen und können unter Umständen sogar legal sein.
Es gilt aber zu beachten, dass z.B. eine Störung des Straßenverkehrs vorliegen kann, man möglicherweise an einer nicht angemeldeten Versammlung teilnimmt (welche gem. § 15 (3) VersG polizeilich aufgelöst werden dürfen) und dass es in der Folge zu repressiven Maßnahmen kommen kann (bei Letzterem nehmt bitte Kontakt zur Roten Hilfe auf).
Wenn ihr es also auf eine Sitzblockade mit im Vergleich zur Nazidemo relativ vielen Leuten geschafft haben solltet, empfehlen wir euch, dass ein Mensch von außen eine Spontanversammlung an dieser Stelle anmeldet.

  • Polizeigewalt
26.10.2019

26.10.2019 – Beamter schlägt mehrfach mit Schlagstock in unsere friedliche Demonstration gegen die AfD

Traurig, aber auch wir können nicht nur ein Lied davon singen, wie Polizeibeamte ihre Kompetenzen überschreiten. Ihr alle denkt wahrscheinlich noch an dieses Bild vom 31.03.2017 aus Sonneberg von Lionel C. Bendtner; wir an den 26.10.2019 [Statement].

Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass physische Gewalt von Polizeibeamten nur angewendet werden darf, wenn es kein milderes Mittel (z.B. Reden) zur Festsetzung oder dem Unterbinden einer Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit gibt. Verhält sich die betroffene Person weiter unkooperativ, darf die Polizei unter Beachtung des mildesten Mittels zur Erreichung des Zieles (z.B. einer bestimmten Position zur Fixierung des Körpers) auch Zwang anwenden.
Gemäß §§ 2, 4 UZwG darf die Polizei (nicht nur zum Selbstschutz) hierfür auch Schlagstock (Tonfa) & Pfefferspray anwenden – das aber in jedem Falle nur in verhältnismäßigem Rahmen. Es gibt auch Richtlinien zum Einsatz dieser Waffen (nicht gegen größere Personengruppen richten, 2m Abstand, nicht auf Kinder usw.), doch sind diese nicht rechtswirksam und werden von der Polizei mit beeindruckender Konsequenz ignoriert.

Insbesondere bei Großveranstaltungen hat die Polizei ein nicht öffentliches Einsatzkonzept. Die „Stuttgarter Linie“ gibt für solche die Maßgabe der Vorhersehbarkeit von Maßnahmen vor – ist aber leider auch eher als Richtlinie zu begreifen. Auf Antizipierbarkeit von polizeilichen Maßnahmen gibt es daher keinen Rechtsanspruch. Aber zumindest regelt § 62 ThPAG, dass Zwangsmaßnahmen vor ihrer Durchführung angekündigt werden müssen. Außerdem wird in § 61 ThPAG die Hilfeleistung für Verletzte vorgeschrieben.

Wenn die Polizei also Gewalt anwendet, kann man eigentlich nur die fehlende Verhältnismäßigkeit, ein fehlendes Ziel der Maßnahme, eine fehlende Ankündigung von Zwangsmaßnahmen & unterlassene Hilfeleistung bei Verletzten anfechten.


Kontrollen

  • Eure Rechte
    • fragt Umstehende, ob sie euch als Zeugen begleiten. Solange die Person die Maßnahme nicht behindert, darf sie diese von außen beobachten.
    • Erfragt die Dienstnummern der Beamten.
    • Ihr müsst nur die Daten herausgeben, die auf eurem Personalausweis stehen. Diesen müsst ihr noch nicht einmal herausgeben.
    • Ihr müsst euch nicht selbst belasten. Haltet am besten einfach den Mund und reagiert nicht auf Nachfragen der Polizei oder dumme Anquatschversuche. Ihr bekommt später genug Gelegenheit, euch ggf. zu rechtfertigen.
    • Unterschreibt nichts während der Kontrolle!
    • Widersprecht förmlich der Maßnahme, damit man euch keine Freiwilligkeit zur Legitimation dieser unterstellen kann.
    • Schreibt die Nummern der Beamten, die Uhrzeit
      und den Ort der Kontrolle auf; erstellt ein Gedächtnisprotokoll zum Ablauf der Maßnahme.
    • Für alles Weitere, kontaktiert die Rote Hilfe
  • Kontrollen vor einer Versammlung

Gemäß § 14 ThPAG darf die Polizei Thüringen sog. „Kontrollstellen“ vor einer Versammlung einrichten & bedarf keines weiteren Anlasses zur Kontrolle wegen bspw. möglicher Verstöße gegen das Waffenverbot auf dem Weg zu Versammlungen.

Gefährliche Orte Altstadt Erfurt

Gefährliche Orte Magdeburger Allee Erfurt

Die Karten basieren auf einer kleinen Anfrage der Linkskraktion ThL und wurden von Lionel C. Bendtner für einen Tweet erstellt. Die Karte ist auch über
OpenStreetMap aufrufbar.

 

An sog. gefährlichen Orten darf die Polizei Thüringen anlasslose Kontrollen durchführen. Wann ein Ort als gefährlich gilt, obliegt der Auffassung der Polizei und keinen weiteren rechtlichen Regularien. So werden im Bereich des Angers zwar in absoluten Zahlen mit die meisten Straftaten in Thüringen begangen, allerdings werden diese nicht ins Verhältnis zu den sich täglich dort befindlichen Personen gesetzt.
Im Einflussgebiet der Bundespolizei darf diese auch anlasslose präventive Kontrollen aus präventiven Zwecken durchführen.

  • Fluchtversuch

Ein Fluchtversuch vor der Polizei, einer polizeilichen Maßnahme oder Kontrolle ist nicht strafbar – Fahrerflucht ausgenommen. Der BGH hat 2013 geurteilt, dass die Flucht als natürlicher menschlicher Instinkt nicht bestraft werden kann. Allerdings gehen mit der Flucht oft andere Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten einher, wie Widerstandshandlungen oder Körperverletzungen.


  • Kennzeichnungs- & Ausweispflicht bei Polizeibeamten in Thüringen

Mit einem Erlass vom 02.03.2017 haben Polizeibeamte in geschlossenen Einheiten eine 5-stellige Zahl mit dem Präfix „TH“ auf einem in der Breite 3,0 cm & in der Länge 9,5 cm großem Patch auf der Linken Burstseite zu zu tragen, anhand dessen sie eindeutig zurückverfolgbar sein sollen. Jede*r Beamte bekommt 3 solche Nummern und sobald etwas passiert, können diese ausgetauscht werden (die Assoziation der alten Nummern zur Person bleibt aber im System).
Der Erlass stützt sich auf § 6 ThPAG und ist nicht öffentlich; kann aber über das Innenministerium von jedem angefragt werden.

Aufgrund desselben Paragraphen sind zudem alle Thüringer Polizeibeamten dazu verpflichtet, euch auf Nachfrage ihre Dienstnummer zu geben, anhand derer sie identifizierbar sind. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Beamten eine polizeiliche Maßnahme an euch durchführen oder durchgeführt haben und dass ihr sie nicht in ihrer Tätigkeit behindert. Da gibt es nur ein Problem: Uns selbst ist bis heute kein einziger Fall bekannt, in dem das jemals geklappt hätte.