Versammlungen

Politische Versammlungen sind Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG und auf diese ist das Versammlungsgesetz (VersG) anzuwenden. Zu Absicherung der Versammlungen ist in der Regel die Thüringer Bereitschaftspolizei zuständig; zu größeren Anlässen können aber auch Unterstützungseinheiten aus anderen Bundesländern beordert werden. Diese sind an das Thüringer Polizei Aufgaben Gesetz (ThPAG) gebunden. Ist die zuständige Versammlungsbehörde bei einer solchen Veranstaltung nicht vor Ort, übernimmt die Polizei ihre Funktion.
Es wird zwischen Demonstrationen („Aufzüge unter freiem Himmel“), Kundgebungen (stehende Versammlungen) & Versammlungen im geschlossenen (i.d.R. privaten) Raum unterschieden.


Versammlungsanmeldung

Für nicht-spontane Versammlungen gilt eine Anmeldefrist von mindestens 48h vor Durchführung dieser. An Wochenenden und Feiertagen ist die Versammlungsbehörde nicht erreichbar und die Landespolizeidirektion für die Anmeldung zuständig. Ruft am besten unter 0361/6620 an, wenn es schnell gehen muss (insb. Spontanversammlungen an Wochenenden & Feiertagen).

Regulär verschickt ihr aber dieses Anmeldeformular via Mail an veranstaltungen.buergeramt@erfurt.de, auf postalischen Wege oder ihr führt die Anmeldung direkt in der Erfurter Versammlungsbehörde durch.

Hierfür werden folgende Angaben benötigt:

  • Name des Veranstalters
    • kann auch mit Anmelder*in übereinstimmen
  • Name des Anmelders / der Anmelderin
  • Kontaktierungsmöglichkeiten zu Anmelder*in
    • für Übermittlung der Auflagen & zum Datieren eines Kooperationsgespräches
    • muss nicht unbedingt eurer privaten Anschrift entsprechen; ihr solltet darüber aber wirklich erreichbar sein
  • Art der Versammlung
    • Wenn ihr eine Demo plant, lasst die Felder bei „Versammlung unter freiem Himmel – Kundgebung“ einfach offen; wenn ihr eine Kundgebung plant, lasst „Versammlung unter freiem Himmel – Aufzug“ offen
    • Der Aufbau gehört nicht zur Kundgebung und sollte im Kooperationsgespräch geklärt werden. Tragt in der Durchführungszeit lieber eine Stunde länger als geplant ein: Eine Versammlung könnt ihr auch vorher beenden. Ab 22 Uhr gilt Nachtruhe.
    • die Teilnehmenden-Zahl dürft ihr grob geschätzt prognostizieren. Das ist insb. für die Polizei wichtig, damit diese sich darauf vorbereiten kann.
    • die Angabe von Kundgebungsort & Demostrecke ist wichtig, damit die Polizei das ggf. absichern kann; z.B. Straßenverkehr blockieren
  • Thema der Versammlung
    • Muss nicht 1:1 dem Thema entsprechen, unter dem ihr die Versammlung öffentlich bewerbt, muss aber die klare Tendenz der Versammlung vorgeben
      • Wer eine Versammlung gemäß § 25 (1) VersG grob anders als angemeldet durchführt macht sich strafbar
  • Kundgebungsmittel
    • Schreibt lieber mehr als zu wenig auf, um euch rechtlich abzusichern. In der Regel reichen aber Fahnen, Transparente, Plakate, Lautsprecheranlage (oder -Wagen), Trillerpfeifen, Redner*innen, Gesänge & Parolen.
  • Anzahl Ordner*innen
    • Bei Kundgebungen werden i.d.R. 1:100, bei Demos werden i.d.R. 1:50 – Ordner*innen-Schlüssel vorgegeben. Wenn ihr das Feld offen lasst, könnt ihr das aber später auch noch im Kooperationsgespräch klären.

Kooperationsgespräch

Das Kooperationsgespräch dient der Absprache zwischen Anmelder*innen, Polizei und Versammlungsbehörde.

  • die Teilnahme ist freiwillig; wir empfehlen es aber eindringlich, um sich nicht dem Vorwurf unkooperativen Verhaltens aussetzen lassen zu können
  • im Gespräch wird noch einmal gemeinsam der erwartete Verlauf der Versammlung vor einer großen Stadtkarte durchgegangen
  • Aufbauzeiten, besondere Bitten an die Polizei und mögliche Ungereimtheiten in den Auflagen sollten hier thematisiert werden
  • Besucher*innen erlaubt

Auflagenbescheid

Beispiel: Unser Auflagenbescheid vom 26.10.2019, Seite 2 (Auflagenauflistung)

Beispiel: Unser Auflagenbescheid vom 26.10.2019, Seite 1 (Anmeldungsdaten)

  • wird nach dem Kooperations-Gespräch ausgestellt
  • Auflagen sind umzusetzen, da Versammlung gemäß § 15 VersG sonst polizeilich aufgelöst werden darf
  • Widerspruchs-Möglichkeit vor Verwaltungs-Gericht

Von Punkt 2.4. abgesehen, ist Bild 2 (Auflagenauflistung) ein typischer Auflagenbescheid der Stadt Erfurt für eine Demonstration. Erfahrungsgemäß weichen andere Auflagenbescheide nicht stark davon ab (höchstens in 1, 2 Punkten). Auf den folgenden Seiten wird nur noch die eingezeichnete Kundgebungsfläche und eine Begründung für die Auflagen festgehalten.


Durchführung einer Versammlung

  • vor Beginn
    • die versammlungsleitende- bzw. anmeldende Person sollte auf Polizei zugehen & letzte Absprachen treffen. Es kann sein, dass sie den Auflagenbescheid oder Ausweis sehen wollen.
    • eine Ordner*innen-Einweisung ist zu empfehlen & die Zahl der Ordner*innen ist gemäß § 9 (2) VersG i.V.m. § 29 (6) VersG festzuhalten & der Polizei auf Verlangen mitzuteilen.
      • Ordner*innen müssen gem. § 9 (1) VersG eine weiße Armbinde mit der Beschriftung „Ordner“ tragen (Die Bezeichnung „Ordner*in“ ist auch okay, da „Ordner“ enthalten; zumindest wird das in Erfurt so ausgelegt).
    • die Auflagen müssen verlesen werden & dann die Versammlung offiziell eröffnet
  • nach Eröffnung
    • nach Hinweis der Polizei auf Auflagenverletzung solltet ihr eine Ansage machen und entsprechende Personen über Ordner*innen darauf hinweisen
      • falls die Person sich weigert, dürft ihr sie nicht der Versammlung verweisen; das darf nur die Polizei gem. § 19 (4) VersG
      • in geschlossenem Raum dürft ihr selbst gem. § 6 VersG Personen von der Versammlung verweisen
    • sobald ihr keine Kontrolle mehr über die Versammlung oder Ordner*innen habt, müsst ihr diese gem. § 19 (3) VersG für beendet erklären
      • Beachtet bitte, dass auch anderen Versammlungsteilnehmende dann nicht mehr unter Schutz des Versammlungsrechts stehen & kündigt daher unbedingt vorher die Versammlungsauflösung min. 1 Mal an.
  • bei Beenden
    • falls ihr mitbekommen habt, dass die Polizei oder Faschos Probleme machen (könnten), teilt das mit und empfehlt Gruppenbildungen für den Heimweg.
    • Nach Beendigung stehen Versammlungsteilnehmende nicht mehr unter Schutz des Versammlungsrechts. Kündigt die Beendigung daher unbedingt vorher an!

Versammlungsauflösung


Bild- & Ton-Aufnahmen

  • Für die Polizei gem. § 12a (1) i.V.m. § 19a VersG nur unter der Annahme von Straftaten & Ordnungswidrigkeiten erlaubt. Die Aufnahme muss nach außen hin erkennbar sein.
  • Für Privatpersonen und Journalist*innen gilt das Kunsturheberrechtsgesetz:
    • Versammlungen sind Ereignisse der Zeitgeschichte gemäß § 23 (1) KunstUrhG und Teilnehmende müssen es daher dulden, abgefilmt zu werden
    • Steht nicht die Versammlung im Vordergrund des Gesamtwerkes (bei Alben zählen dazu auch alle anderen bisher angefertigten Aufnahmen), sondern eine Einzelperson, kann eine solche Aufnahme aber dennoch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß § 22 KunstUrhG darstellen.
    • folglich ist auch die Aufnahme von Gesprächen ohne Einwilligung gemäß § 201 StGB strafbar, während eine Aufnahme von bspw. Parolen legal ist
    • gleiches Recht ist auch auf das Abfilmen von Polizeieinsätzen anzuwenden